Seit mehr als 40  Jahren bin ich nun Motorradfahrer und habe schon viele brenzlige Situationen erlebt, doch der Herbst birgt Risiken, die in keiner anderen Jahreszeit auftreten. Dass Biker von Autofahrern übersehen und abgedrängt werden, passiert leider in jeder Saison. Auch unterschätzen viele Autofahrer oft die Geschwindigkeit von Motorrädern, was zu gefährlichen Situationen führen kann. Im Herbst sind schlechte Sicht und Laub das größte Risiko. Beim Motorrad ist das so, als wäre die Straße mit Schmierseife eingerieben. Wegschmierende oder blockierende Reifen habe ich schon oft erlebt. Der Herbst ist einfach nicht mehr die Zeit für schnelle Kurven und Beschleunigungsorgien.

Nicht tief in die Kurve legen!

Das größte Risiko ist auch gleichzeitig der größte Reiz: Leistung, Geschwindigkeit und das unmittelbare Erleben der Umwelt passen schlecht zu größtmöglicher Sicherheit. Es fällt schwer, mit einem 100-PS-Motorrad langsam zu fahren. Schnelle Kurven machen den Reiz des Motorradfahrens aus. Hierbei ist nicht die Geschwindigkeit das alleinige Maß. Kurvenfahren ist eine Kombination aus Anbremsen, in die Kurve legen und im Kurvenausgang beschleunigen. Wenn man das über mehrere Kurven gut hinbekommt, ist das ein bombastisches Gefühl. Im Herbst sollte jeder Biker trotzdem mit wenig Kurvenneigung und langsamer fahren. Rutschen die Räder in einer Kurve weg, führt das immer zum Sturz.

Voll ausgerüstet!

Mein genereller Tipp lautet: Defensiv Fahren, nicht auf die Vorfahrtsregeln bestehen und das eigene Können immer wieder hinterfragen – nicht nur im Herbst! Wesentlich ist auch die vollständige Ausrüstung: Helm, Handschuhe, Motorradjacke und -hose sind das Minimum, das Biker tragen sollten. Schuhe mit Protektoren und einer gewissen Reibungsfestigkeit gehören ebenfalls zum Standard. Eine Sicherheitsweste für eine bessere Sichtbarkeit schadet auch nicht. Die richtige, intakte Ausrüstung hilft, entspannt zu fahren und Unfallfolgen zu minimieren.

Neubiker aufgepasst!

Motorrad-Fahranfänger sollten sich gut überlegen, ob sie wirklich im Herbst oder Winter mit dem Biken anfangen wollen. Ich rate davon ab, denn für diese Jahreszeiten braucht man Übung. Ein Motorrad muss man in allen Lagen beherrschen und daran kann man sich nur langsam herantasten. Warum soll man Risiken eingehen, die man im Frühling und Sommer nicht hat? Bei all meiner Faszination für die Geschwindigkeit und Kraft, die ich beim Biken spüre, habe ich vor den Gefahren, denen man auf dem Motorrad einfach vermehrt ausgesetzt ist, großen Respekt. Deswegen mache ich in jedem Frühling Übungen auf einem leeren Parkplatz, um wieder ein Gefühl für das Motorrad zu bekommen, das im Winter nur wenig bewegt wird.

Schönheit birgt Gefahren!

Gewundene Landstraßen im Wald sind im Herbst wunderschön und ich fahre gerne selbst an den Wochenenden solche Strecken. Aber auch nach mehr als 40 Jahren auf dem Motorrad habe ich gerade vor diesen Landschaften großen Respekt, auch wegen des vermehrten Wildwechsels. Auf ein Reh auf meinem Bock möchte ich gerne verzichten.

Wer mit Demut aufs Motorrad steigt und weder sein noch andere Leben leichtsinnig riskiert, kann trotzdem das erleben, was für mich das Biken ausmacht: Freiheit und Ruhe pur! Das lohnt sich in jeder Saison, auch im goldenen Herbst.